Lina Morgenstern

Glaube, Andacht und Pflicht

Am sechsten Abend (Vorabend des Ruhetages)

Freue Dich meine Seele! Die Feierstunde naht, von der uns die Schriften unsrer Väter erzählen: »Es waren vollendet Himmel und Erde und all ihre Heere, — da ruhte Gott von seinen Werken und segnete sie und segnete den siebenten Tag als Fest der Ruhe für ewige Zeiten. Doch die Schöpfung wirkt fort nach den Gesehen, wie sie erschaffen ward!«

Wie ist uns in diesem sinnigen Bilde das Vorbild eigenen Waltens gegeben. Wir sollen die Arbeit von der Ruhe sondern, damit jene uns nicht überwältige und unsere Sinne abstumpfe und diese uns wieder Kraft, Sinnigkeit und Selbstschau gebe, unsre Arbeit zu prüfen! Eine Arbeit von sechs Tagen, die nicht in ihrem Erfolg fortwirkt für den Tag der Erholung ist eine nutzlose Arbeit!

Ich freue mich, dass der Ruhetag bei mir einkehrt! ich will nicht im Rausche alltäglicher Sorge und Tätigkeit meiner höheren Bestimmung vergessen und mir Stunden der Erholung bewahren, wo ich mein Tun und Wandeln überdenke. Und so senke o Gott Frieden hernieder auf unser Haus und in unser Herz, damit wir freudig die Ruhe genießen und Kraft und Mut gewinnen für die Arbeitstage unsres Lebens. Amen!

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