Lina Morgenstern

8 — Das Verbot der Lehre von der Bewegung der Erde

Endlich geschah das Gefürchtete. Am 5. März 1616 verbot die Kongregation des Index' die Schriften des Kopernikus, bis sie zensiert werden würden, untersagte dem Pater Foscarini die Fortsetzung seines Werkchens für das System und verbot zugleich alle Bücher, die über die Bewegung der Erde lehren würden.

Es war ein jämmerliches Schauspiel, wie die Kirche sich anmaßte, durch ein Edikt die Erde zu stillstand zwingen zu wollen und die Umkehr der Wissenschaften durch Inquisitionsprozesse zu veranlassen.

Allein, Triumph — die freie Vernunft siegte längst über die finsteren Institutionen einer herrschsüchtigen Kirche — und die Menschheit bewegt sich noch immer vorwärts! —

Galilei konnte vorläufig von jenem Verbot noch nicht betroffen sein werden, da er ja keiner seiner Schriften, über die Bewegung der Erde, Erwähnung getan hatte. Dessen ungeachtet verbreitete sich schon damals das Gerücht, Galilei sei zum Widerruf verdammt und bestraft worden.

Es lag ihm daran, dasselbe zu zerstreuen, und so ließ er sich von Kardinal Bellarmin ein Zeugnis ausstellen, dass er in keiner Weise der Inquisition anheimgefallen sei. In diesem Schriftstück heißt es aber, dass man ihm den Willen des Papstes und die Erklärung der Prälatenversammlung, das Verbot betreffend, mitteile, und dass, da die Meinungen von der Bewegung der Erde der Bibel entgegengesetzt seien, es verboten werde, ihrer irgendwie zu erwähnen. Ein solcher Ausspruch von Männern, die nur die Gewalt für sich hatten und von Astronomie nicht das Geringste wussten, brachte Galilei in Verzweiflung.

Der Papst sprach sich so offen gegen Galilei aus, dass Guicciardini, Minister von Toskaner, den Großherzog aufmerksam machte, welcher Gefahr man sich aussetzte, wenn man einen so bedrohten Mann noch länger beschützen wolle. — Dieser Brief, der keineswegs von dem Mut des Gesandten zeugt, enthält, nachdem er von der Verdammnis des Systems und den sie begleitenden Umständen gesprochen hatte, Folgendes:

»Der Himmel Roms sei gefahrdrohend unter einem Papst, der die Wissenschaften und Talente verabscheut, und der weder Neuerungen noch Spitzfindigkeiten leiden kann, so dass Jeder in seiner Umgebung ihn darin nachzuahmen sucht, und selbst im Fall er etwas weiß, wenn er Geist hat, es zu verbergen sucht und sich unwissend stellt, um nicht Verdacht zu erregen und Verfolgungen zu vermeiden!« Weiter sagt er, dass Galileis erbittertste Feinde die Mönche seien und dass er, wenn er länger in Rom bleibe, der toskanischen Regierung, die seit jeher der Inquisition ihre Ergebenheit bewiesen habe, Verlegenheiten bereiten werde. Er bittet weiten den Großherzog, dessen Bruder Karl, den der Papst zum Kardinal ernennen würde und der deshalb nach Rom kommen sollte, zu veranlassen, dem Gelehrten aus dem Weg zu gehen, um sich ja nicht der Gefahr auszusetzen, Galilei beschützen zu wollen.

Dieser, von Guicciardini als Monstrum der Barbarei gekennzeichnete Papst war Paul V., unter dessen Herrschaft Sarpi zu Venedig meuchlings ermordet wurde und der den Mördern im Schoss der Kirche Schutz gewährte. Man weiß auch, das derselbe Paul V. im Zwist mit der Republik Venedig auf dem Punkt stand, Italiens Blüte zu zerstören und seine Opfer aus den besten Familien nach Rom lenkte, um sie dort auf dem Schafott zu töten.

Galilei beschloss, mit jenem Heldenmut, der die Kämpfer für Wahrheit immer auszeichnet, in Rom zu bleiben, und seinen Widersachern die Stirn zu bieten und das System von der Bewegung der Erde zur Geltung zu bringen, allein bald hätte er seine Kühnheit teuer bezahlt, wenn nicht der Großherzog, aus selbstsüchtigen Absichten, aber zu seinem Heil, ihn zurückgerufen hätte.

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